Das Zeitalter sogenannter sozialer Netzwerke hat nicht nur die Art, wie Menschen sich öffentlich äußern, sondern auch den Modus des öffentlichen Diskurses in unserem Land, ja die gesamte politische Kultur grundlegend verändert. Zum Besseren? Danach sieht es nicht aus, wie die »öffentlichen Äußerungen online, unter anderem in den sozialen, oft eher asozialen Netzwerken belegen: proletenhafte Schmähungen, Beleidigungen, Obszönitäten, Vulgaritäten en masse.«, wie es kürzlich sehr treffend in einem Kommentar zum Thema zu lesen war.

Wer gegen den Mainstream schreibt, wird gnadenlos gejagt. Online natürlich. Davon kann etwa der Kabarettist Dieter Nuhr ein Lied singen, dem genau das widerfahren ist. Er kommt aus eigener Erfahrung mit Twitter, Facebook, Shitstorm und Co. zu dem Schluss: Ein Shitstorm ist die moderne Form der Hexenverbrennung. Und: Wir leben im digitalen Mittelalter. *)

Auch in Ottweiler muss man sich um die politische Kultur sorgen. Das liegt aber nicht an der politischen Führung der Stadt, sondern am Gebaren einiger Zeitgenossen in der Bürgerschaft, die eher auf Besserwisserei und Dummschwätzen, als auf sachliche Diskussion setzen. Einige dieser Zeitgenossen finden sich regelmäßig im Dauer-Chat einer lokalen Internet-Plattform, wo sie sich nach Herzenslust austoben können, anonym natürlich. Das Ergebnis dieses sogenannten Meinungsaustauschs dort zeigt oftmals, wie ein gesellschaftlicher Diskurs auch auf kommunaler Ebene nicht funktionieren kann. Nur wenige unter den Nutzern chatten dort unter ihrem vollen Namen; ihnen gebührt schon allein deshalb Respekt. Der große Rest versteckt sich hinter einem absurden Zahlenkürzel und bleibt anonym. Und einige nutzen diese Anonymität geradezu scham- und gnadenlos aus. Da wird kräftig Dampf abgelassen und es lösen sich geballte Fäuste in den Taschen. Bisweilen werden aus der anonymen Deckung heraus auch persönliche Angriffe geführt, meist auf kommunale Politiker; man braucht ihnen ja dabei nicht in die Augen zu schauen.

Sind das die freien Meinungsäußerungen und die bürgerlichen Freiheiten des 21. Jahrhunderts? Ist das die moderne Weiterentwicklungen unserer politischen Kultur?

Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert. Macht Schluss mit der Anonymität und bekennt euch endlich offen zu eurer Meinung. Wenn Internet-Chat, dann bitte mit Namen und vielleicht sogar mit Bild. Technisch heute kein Problem mehr. Aber hört bitte mit dem hinterhältigen anonymen Stänkerei auf! Zeigt euer Gesicht, zeigt Zivilcourage - gerade auch in den kommunalen Niederungen unserer Stadt.

23. April 2016. Hans Werner Büchel

*) Den gesamten Beitrag »Bericht aus dem Shitstorm: Wir leben im digitalen Mittelalter« von Dieter Nuhr aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17.05.2015 lesen Sie hier:


Dieter Nuhr - Bericht aus dem Shitstorm.pdf


Die Menschen in Ottweiler wollen in Frieden leben. Das heißt nicht, dass sie in Ruhe gelassen werden wollen. Im Gegenteil: die Leute in Ottweiler sind sehr aktiv, sie sind gesellig und gastfreundlich, engagieren sich in Vereinen, treiben viel Sport, gehen in die Politik, sie sind hilfsbereit, setzen sich gerne auch für andere ein und schauen immer mal wieder über den Gartenzaun, um zu erkunden, wie es sonst wo läuft. Sie fahren hinaus in die weite Welt und kommen gerne nach Hause zurück. Selbst diejenigen, die wegen ihrer Lebensplanung wegziehen mussten, lassen sich immer mal wieder in ihrer Heimatstadt blicken. Allen ist aber gemeinsam, dass sie in Frieden leben wollen.

Ja, es ist die Rede von dem Frieden, der bisweilen auch als Zustand in Zeiten ohne Krieg bezeichnet wird. Es ist der Friede, der manchen aus dem Blick geraten ist, weil er wie von selbst da ist. Im täglich abverlangten Berufsstress wie im selbst auferlegten Freizeitstress finden viele keine Zeit mehr, über den selbstverständlichen Frieden nachzudenken oder ihn bewusst wahrzunehmen.

Wir leben im freien Teil Europas seit fast siebzig Jahren in einem Zustand ohne Krieg. Man muss weit in die Geschichte zurückblicken, um auf eine solch lange Friedenszeit zu stoßen. Wir Deutsche haben großen Anteil an diesem Frieden, weil wir die richtigen Lehren aus den Zeiten davor gezogen haben. Möglich wurde dies, weil wir zusammen mit den anderen Völkern unsere gemeinsamen Wertvorstellungen zur Grundlage unserer Politik machten und auf dieser Basis die Gestaltung Europas vorangebracht haben. Unter dem Leitmotiv "Gemeinsam für Europa" wurde so eine "Pax Europa", eine europäische Friedenszeit geschaffen, von der wir alle hoffen, auch im Angesicht der ganz aktuellen Krisen, dass sie niemals zu Ende geht.

Wenn gemeinsames Handeln aus gleichen Grundüberzeugungen zum Frieden auf einem ganzen Kontinent beitragen kann, ein solches gemeinsames Handeln im Großen also funktioniert, dann kann ein gemeinsames Handeln auch im Kleinen gelingen. Es kann erst recht möglich sein, eine Stadt wie Ottweiler durch gemeinsames Handeln weiter voran zu bringen.

Gemeinsames Handeln in einer Kleinstadt ist allerdings am Anfang kein Selbstläufer, es funktioniert nicht von alleine. Die handelnden Personen müssen sich ihrer gemeinsamen Grundlagen bewusst seien. Fasst schon aus dem Bewusstsein verschwunden ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet wurde. Der jährlich wiederkehrende, an dieses Datum erinnernde Gedenktag der Vereinten Nationen geht heute oftmals in der inflationären Flut anderer internationaler Tage schlicht unter.

Die blaue Flagge mit dem Emblem der Vereinten Nationen

Gerade in der heutigen Zeit, in der Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen auch in einer Kommune wie Ottweiler zusammenleben, ist die Vergewisserung auf die für alle Menschen geltenden Rechte von großer Bedeutung.

Auch die Verfassung unserer Bundesrepublik, insbesondere die im Grundgesetz verankerten Grundrechte, helfen uns, verbindende Grundüberzeugungen für ein gemeinsames Handeln in unserer Stadt zu finden. Sicherlich kann man nicht ständig mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen, wie es der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann einmal formulierte, aber gelegentlich einen Blick auf den Katalog der Grundrechte zu werfen, kann nicht schaden.

Die schwarz-rot-goldene Flagge Deutschlands mit dem Bundesadler

Das Ottweiler Wappen auf unseren Stadtfarben Blau und Weiß

Damit diese Grundrechte und auch die Erklärung der Menschenrechte für den am gemeinsamen Handeln Interessierten leichter zugänglich sind, habe ich sie diesem Text als pfd-Dateien angefügt.

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Präambel   und   Grundrechte   des Grundgesetzes

25.06.2014 - hwb